Sollte Ihr Unternehmen sich politisch positionieren? – Studie
Bringt es Unternehmen wirtschaftliche Vorteile, sich politisch zu positionieren? Das haben Studierende der Hochschule Hannover 2019 in einer Studie untersucht. Das Ergebnis: Eine authentische politische Kommunikation kann für eine höhere Reputation sorgen. Diese hängt direkt mit höherer Kauf- und Unterstützungsbereitschaft zusammen.
Ausgangslage: USA zeigen, wie sich Unternehmen politisch positionieren sollten. Deutschland hat Nachholbedarf
In den USA gehören politische Haltungen von Unternehmen zum Alltag. Während der Sportartikelhersteller Nike zum 30-jährigen „Just do it“-Jubiläum politische Kampagnen veröffentlicht, gibt das Unternehmen Patagonia seinen Mitarbeiter*innen am Wahltag frei und spricht sich öffentlich für Kandidat*innen aus (Kopp, 2018,Absatz 2f.; Hecking, 2018, Teil 3, Absatz 5).
In Deutschland ist seit längerem ein wachsendes Interesse der Bevölkerung an politischen Themen zu erkennen. Aktuelle Studien zeigen: Auch von Unternehmen wird mehr und mehr erwartet, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen (Civey, 2019a, Absatz 6). Mehr als jede*r zweite Bürger*in Deutschlands erwartet eine klare politische Haltung und aktives Engagement bei gesellschaftlichen Herausforderungen. Gleichzeitig weiß nur ein Drittel der Befragten über unternehmerisches Engagement Bescheid (ebd.).
Ein Team aus Studierenden der Hochschule Hannover hat daher untersucht, wie die Wahrnehmung der politischen Kommunikation deutscher Unternehmen mit deren Unternehmensreputation zusammenhängt. Zentrale Fragen dabei waren:
- Welche Unternehmen in Deutschland kommunizieren offen zu politischen Themen?
- Zu welchen Themen kommunizieren diese und wie häufig?
- Wie nehmen Kund*innen diese politische Kommunikation wahr?
- Sorgt häufige politische Kommunikation für wirtschaftliche Vorteile?
Die zusammengefassten Ergebnisse stellen wir in den folgenden Abschnitten vor.
Studiendesign: Methodenkombination identifiziert Themen und Best Practices
Zunächst wurde in einem umfassenden Screening geschaut, welche deutschen Unternehmen überhaupt politisch kommunizieren. Dabei wurde eine Stichprobe von acht Unternehmen festgelegt, die in den letzten zwei Jahren besonders aktiv politisch kommuniziert hatten (siehe Grafik).
Für den weiteren Verlauf der Forschung war es dem Team zunächst wichtig, beurteilen zu können, welche gesellschaftspolitischen Themen die Unternehmen jeweils aufgreifen und wie sie diese an die Stakeholder kommunizieren. Dazu wurde neben Beiträgen mit direktem politischen Bezug auch Beiträge berücksichtigt, die indirekt auf gesellschaftspolitische Themen verweisen. Alle untersuchten Beiträge wurden von den gängigen Online-Kanäle und der eigenen Website des Unternehmens bezogen.
Zu den identifizierten politischen Themen wurde im letzten Schritt eine Online-Befragung durchgeführt. Ziel: Die Wahrnehmungen und Einstellungen der deutschen Bürger*innen zu den politischen Kommunikationen der Unternehmen identifizieren. Außerdem wurde nach der generellen Reputation der Unternehmen sowie nach der Bereitschaft, das Unternehmen zu unterstützen, gefragt.
Kernergebnis 1: Kommunikation über Klimaschutz und Integration besonders beliebt bei Unternehmen, um sich politisch zu positionieren
Die identifizierten Themen, zu denen die untersuchten Unternehmen häufig kommunizierten, wurden zu sechs Oberthemen zusammengefügt (siehe Grafik). Besonders häufig äußerten sich die Unternehmen zu den Themen Klima, Umwelt & Energiewende sowie zu Integration & Vielfalt. Bei vereinzelten Unternehmen waren auch viele Beiträge zu internationalen Themen, wie Kritik an US-Präseident Donald Trump, häufig über die Online-Kanäle gespielt worden.
Kernergebnis 2: Politische Kommunikation kann die Reputation erhöhen – aber nur, wenn sie authentisch ist
Deutlich wird in der untersuchten Stichprobe vor allem eines: Wenn Befragte, die kommunizierte politische Haltung eines Unternehmens als positiv bewerten, genießt das Unternehmen in ihren Augen eine deutlich höhere Reputation. Das ist für wirtschaftliche Unterstützung entscheidend (siehe Kernergebnis 3).
Hier stellt sich aus praktischer Sicht die Frage, wie man die wichtigen Stakeholder von der eigenen politischen Haltung überzeugt. Die Forschungsergebnisse geben dazu erste Anhaltspunkte. Eine positivere Einstellung zur unternehmerischen, politischen Kommunikation entsteht demnach, wenn kontinuierlich und konsistent die relevanten Stakeholder mit den politischen Kommunikationen erreicht werden. Das heißt: Eine Wahrnehmung als „politisches Unternehmen“ lässt sich nicht über Nacht gewinnen. Es erfordert intensive Kommunikationsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum. Das kann sich aber durchaus lohnen!
Zentral ist außerdem ein weiterer Erfolgsfaktor: die Authentizität. Eine positive Einstellung lässt sich nur erzielen, wenn die Kommunikationen zum Unternehmen passen. Sie müssen in den Augen der Stakeholder authentisch sein. Simples „Greenwashing“ erzielt keine signifikanten Effekte.
Kernergebnis 3: Über die Reputation lassen sich auch wirtschaftliche Vorteile durch politische Kommunikation erzielen
Ein direkter Zusammenhang zwischen der Häufigkeit politischer Kommunikationen und wirtschaftlichen Vorteilen konnte nicht festgestellt werden. Allerdings führt über die gesamte Stichprobe hinweg eine hohe Reputation zu besonders hoher Bereitschaft der Stakeholder, das Unternehmen auch wirtschaftlich zu unterstützen.
Das heißt: Zunächst sollte das Ziel der Unternehmenskommunikation immer sein, die Reputation zu erhöhen. Wirtschaftliche Effekte stellen sich dann über die Zeit meist automatisch ein. Wie im Abschnitt zuvor erläutert, kann politische Kommunikation durchaus zu einer erhöhten Reputation beitragen – wenn sie gut geplant, kontinuierlich und authentisch ist.
Fazit: Handlungsempfehlungen für die politische Positionierung deutscher Unternehmen
Aus den Ergebnissen der Studie hat das Forschungsteam einige praktische Handlungsempfehlungen abgeleitet. Ihr findet sie in der untenstehenden Grafik. Es zeigt sich: Gut durchdachte und authentische politische Kommunikation hat auch für Unternehmen Sinn. Sie kann das Image und die wahrgenommene Persönlichkeit des Unternehmens bei wichtigen Stakeholdern prägen und so die gesamte Beziehungsqualität verbessern.
Wichtig ist an dieser Stelle noch eines: Die Studie ist nicht repräsentativ. Dies war im Rahmen der finanziellen Ressourcen nicht möglich. Die Stichproben wurden allerdings so gewählt, dass sich durchaus erste Implikationen für die Praxis sowie weitere Studien ableiten lassen. Einen zusammenfassenden Bericht inklusive der wichtigsten Quellen findet ihr hier zum Download.: